Freiberufler, die ihre Websites abschalten, Blogger, die über lange Jahre aufgebaute Inhalte vom Netz nehmen, Unternehmer, die ein paar Jahre früher als geplant in Rente gehen – alles das wird derzeit der DSGVO zugeschrieben. Aber ist die Datenschutzgrundverordnung wirklich Schuld?
Bei ihrer Erwähnung verdreht man wahlweise genervt die Augen oder zieht fragend die Augenbrauen hoch (ja, es soll Leute geben, die noch nie davon gehört haben, man glaubt es kaum), sogar als „Die 5 Buchstaben aus der Hölle“ wurde sie schon betitelt und bei vielen meiner Kolleginnen und Kollegen hat sie zu so mancher schlaflosen Nacht und chronischer Überarbeitung gesorgt.
Die DSGVO ist, zumindest in Web-Kreisen, zweifelsohne das Hassthema 2018. Dabei ist das EU-Datenschutzpapier, auch wenn es daran einiges auszusetzen gibt, nicht das eigentliche Problem – außer in Deutschland.
Ein Deutsches Problem!
In anderen Ländern gab und gibt es keine Panik. Aber da ist auch noch etwas, was es in all diesen Ländern ebenfalls nicht gibt: Das deutsche Abmahnrecht.
Die Möglichkeit, (bevorzugt kleine) Unternehmen wegen eines falsch gesetzten Kommas in der Widerrufsbelehrung oder einer fehlenden Impressumsangabe ein paar hundert Euro aus der Tasche zu ziehen und sie dabei gleichzeitig potenziell existenzgefährdende Unterlassungserklärungen unterschreiben zu lassen, ist eine rein deutsche Erfindung. Und sie ist alles andere als ein Randphänomen.
Abmahnungen?
Auch die DSGVO haben diverse Abmahnanwälte schon zum Anlass genommen, ihre einschüchternden Schreiben zu verschicken. Ob die dabei bemängelten Punkte tatsächlich auch vor Gericht Bestand haben, ist eine ganz andere Frage, aber – und das ist einer der größten Skandale am Abmahnrecht überhaupt – noch nicht einmal die entscheidende. Denn die häufig in Wellen massenhaft verschickten Schreiben zielen in erster Linie darauf, dass die Empfänger (deshalb auch gerne Kleinunternehmer) sich vom bedrohlich klingenden Anwaltsschreiben einschüchtern lassen und ohne Gegenwehr zahlen. Und mal ganz ehrlich: Welcher Freiberufler hat denn schon die Zeit, das Geld und vor allem die Nerven, sich auf einen Rechtsstreit mit ungewissem Ende einzulassen?
Abmahnungen abschaffen!
Abmahnungen gänzlich abzuschaffen, wäre nicht nur über das Ziel hinausgeschossen, sondern auch kontraproduktiv. Denn natürlich möchten wir alle nach wie vor die Möglichkeit haben, gegen Wettbewerber vorzugehen, die etwa unseren markenrechtlich geschützten Namen verwenden, obwohl wir sie freundlich gebeten haben, das zu unterlassen. Entscheidend ist hier aber der kleine Nebensatz: Die freundliche Aufforderung.
Das Problem am Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist schlicht und ergreifend die Möglichkeit, ohne vorherigen Kontakt und ohne Vorwarnung selbst Kleinigkeiten und Formfehler mit hohen Kosten und Unterlassungsdrohungen abmahnen zu können. Dabei wäre es so einfach: Wären Abmahnungen erst NACH einem ersten Kontakt und einem Hinweis auf den Fehler/Verstoß möglich, würden sie von hier auf jetzt nur noch zur Ahndung tatsächlicher Wettbewerbsverstöße genutzt. Und nicht mehr als Einnahmequelle für windige Abmahnvereine oder -anwälte.
Und bis dahin?
Das Motto für die Datenschutzerklärung: „Viel hilft Viel“ – hilft.
Und – lesen, verstehen und interpretieren Sie Ihre Statistiken wirklich?
Sonst einfach (erst) mal abschalten – frei nach Peter Löwenzahn.
PS: Ich bin kein Jurist – dies ist daher keine Rechtsberatung – der Beitrag ist aus dem täglichen Geschäft mit meinen Kunden entstanden. Für juristischen Rat schalten wir gerne unseren Online-Juristen in unserem Partner-Netzwerk ein.